lambrusco oder: eine veränderung

lambrusco

lambrusco – ein sommer wie damals? total 80er? nicht mehr.

wer erinnert sich noch an heiße sommertage in den ferien, an verheißungsvolle wochenenden mit flirts und mofas und diskotheken, bevor sie zu clubs wurden?

die zukunft lag vor uns und lambrusco war billig, süß und süffig. lambrusco, das war in den 1980er jahren ein garant für viele billige räusche in jugendlichem übermut.

heute ist lambrusco cool – viele noch immer mit restsüße, aber mit anspruch gemacht und ein genuss mit viel trinkfluss.

ertragreich in der doppelregion emilia-romagna

auf insgesamt 58.000 ha insgesamt entstehen heute noch acht bis neun millionen hektoliter lambrusco, das ist fast gleich viel wie in allen deutschen weinregionen zusammen.  

kein wunder, dass früher oft quantität vor qualität ging – eine so ertragreiche rebsorte verführt zu hoher ausbeute.

in 60 klon-variationen findet sich die alte sorte neben der emilia–romagna auch noch in der lombardei und in südtirol. vier klassifizierte DOC-weine (seit 1970) entstehen daraus: einige davon auch als trockene varianten: graspaross di castelvetro, di sorbara, reggiano, salamino di santa croce

wilde rebe an bäumen gerankt und im krieg eingesetzt

angeblich gab es bereits im 10. jahrhundert vor christus erste anbau-versuche. belegt ist, dass dichter der klassischen antike – virgil, cato, varro –, von einer „labrusca vitis“ berichten, einer wilden, „brüsken“ rebe, die am ackerrain wuchs. 78 n. christus war bei plinius dem älteren die rede von besten weinen, die von rebstöcken stammten, die sich an bäumen entlang rankten.  das hochziehen der reben an bäumen ist eine alte erziehungsform in der emilia-romagna.

man sagt auch, mathilde von canossa im jahr 1084 habe die schlacht von sorbara gewonnen, indem sie den feinden lambrusco-wein zurückließ. er berauschte diese truppen so sehr, dass sie einschliefen und kampfunfähig wurden.

die renaissance und die erkenntnisse der schaumweinerzeugung im 18. und 19. jahrhundert ließen lambrusco zwar besser und besser werden, dennoch kam es viel zu oft vor, dass der wein in der flasche weitergärte und die so entstandene kohlensäure dann beim öffnen für ordentliche sauerein sorgte – oder dass die flaschen vorher schon platzten.

im 20. jahrhundert war lambrusco vor allem sache von genossenschaften, die nicht nur die herstellung regelten und schützten, sondern auch für den nötigen vertrieb sorgten.

und heute? pet nat, einfach degorgiert und nicht mehr so süß

richtig guter lambrusco ist heute ein pet nat oder auch charmat (in der tankgärung, mehr über diese verfahren hier) – es gibt aber auch stillweine und dort und da flaschengärung.

die weinfreundin konnte auf der exkursion der gastrosophie der universität salzburg einige schöne  vertreter verkosten – und weil es so einfach wie genial ist, auch beim degorgieren zuschauen: dabei hat der verkostungsleiter einfach eine flasche so lange kopfüber gehalten, bis das meiste vom hefegeläger im flaschenhals war. dann den kronenkork in einer schüssel mit eiswasser aufgemacht, den hefepfropf mit dem natürlichen druck der kohlensäure raussprudeln lassen und fertig:

aufmachen/liegenlassen/vermeinden/verschenken

lambrusco wie er hier verkostet wurde passt noch immer zu heißen sommertagen und zum dolce vita. er bespaßt gegrilltes garantiert so gut wie antipasti, er kostet fast nie mehr als 10 euro die flasche – er passt zu sommerfesten, zu ausgelassenen runden oder zu einem sundowner zu zweit.

alt muss er nicht werden – schaumweine sind fertig, wenn sie auf die flasche kommen und vertragen meist keine jahrelange lagerung.

vermeiden sie lambrusco, wenn sie restzucker und vor allem diesbezügliche überaschungen nicht so gerne haben.

verschenken sie lambrusco an kinder der 1980er jahre – wecken sie damit schöne erinnerungen und freuen sie sich gemeinsam, dass sie neue erinnerungen schaffen. salute!

großen dank für die historische recherche an mag.a susanne krejci, dipl. sommelière

(c) alexandra schmidt
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